Ungewollte, sich unkontrollierbar aufdrängende Erinnerungen (= intrusive Erinnerungen), sind ein sehr häufiges Phänomen, das nach sehr emotionalen Ereignissen auftreten kann. Sie unterscheiden sich vom absichtlichen Nachdenken über die Ereignisse. Häufig handelt es sich bei intrusiven Erinnerungen nicht um verbale Gedanken, sondern eher um visuelle Bilder, Gefühle, Geräusche, Geschmäcker, und Körperempfindungen. Bei den meisten Menschen klingen diese intrusiven Erinnerungen nach einer gewissen Zeit wieder ab. Bei manchen Personen können sie aber hartnäckiger und emotional belastender sein und sich im Alltag einschränkend auswirken.
So sind intrusive Erinnerungen an ein traumatisches Ereignis beispielsweise ein Hauptsymptom der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD). Hier treten die Erinnerungen an das Trauma häufig in sehr lebhafter Form auf, teilweise auch als Flashbacks oder wiederkehrende Albträume, und führen zu hoher Belastung und Vermeidung.
Das Erleben von intrusiven Erinnerungen ist auch ein wesentlicher Faktor bei Substanzkonsumstörungen, insbesondere bei der Kokainkonsumstörung (CUD). Die Erinnerungen beinhalten hierbei oft Informationen über Konsumsituationen, die Wirkung von Kokain oder einen bereits erlebten Entzug. Wenn sie aktiviert werden, können sie Craving (d. h. den starken Drang, eine Substanz erneut zu konsumieren) auslösen und dazu führen, dass die Betroffenen Kokain aufsuchen und erneut konsumieren. Entsprechend stellen die intrusiven Erinnerungen auch einen wichtigen Risikofaktor für einen Rückfall dar.
Sowohl Trauma- als auch Kokainverbundene Erinnerungen können zudem auch automatisch und ungewollt durch bestimmte Hinweisreize (Trigger) in der Umgebung ausgelöst werden. Das kann dazu führen, dass die Störungen auch nach langer Zeit der Remission oder Abstinenz wieder auftreten können und damit aufrechterhalten werden.
In der Memocycline Studie möchten wir untersuchen, welche Mechanismen den intrusiven Trauma- oder Kokain-verbundenen Erinnerungen zugrunde liegen und wie man diese beeinflussen kann, um die Häufigkeit und Intensität der Erinnerungen zu reduzieren.
Wir konzentrieren uns dabei auf den Mechanismus der Hemmung der sogenannten Matrix-Metalloproteinase 9 (MMP-9), die bei Gedächtnisprozessen eine wichtige Rolle spielt. Unser Ziel ist es, zu untersuchen, wie die Gabe von Minocyclin, ein Antibiotikum, das MMP-9 hemmt, die Abschwächung der Verbindungen von Hirnzellen beeinflussen kann, die bei dem spezifischen Abruf der Erinnerungen aktiviert werden. Wir vergleichen dabei den Effekt von Minocyclin mit einem Placebo.
Die Studie soll dazu beitragen, die Eigenschaften und Mechanismen von intrusiven Trauma- und Kokainbezogenen Erinnerungen besser zu verstehen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diese Erinnerungen effektiver behandelt werden können.
Die Studie wird unter Einhaltung der nationalen Gesetzgebung und international anerkannter Richtlinien durchgeführt und wurde durch die zuständige Ethikkommission bewilligt.